Das Deutsche Kabarettarchiv
in Bernburg
Die im Schloss Bernburg (Saale) befindliche Sammlung zur Geschichte des DDR-Kabaretts trägt die Bezeichnung „Bernburger Sammlung“. Sie entstand aus der Zusammenführung der im Mainzer Kabarettarchiv befindlichen Unterlagen zu den zwölf Berufskabaretts der DDR mit dem umfangreichen Material zu den mehr als vierhundert ostdeutschen Amateur-Kabaretts. Letzteres befand sich im 1990 aufgelösten Leipziger Zentralhaus für Volkskunst und konnte durch engagierten Einsatz vor der Vernichtung bewahrt werden.
Vom „Künstlerisches Volksschaffen“ zur „Bundesvereinigung Kabarett e.V.“
Die „Freizeitsatiriker“ bildeten einen wesentlichen Bestandteil des Kabarettschaffens in der DDR. Wie das gesamte „Künstlerische Volksschaffen“ wurden auch die Amateur-Kabaretts staatlich intensiv gefördert. Sie waren alle einem „gesellschaftlichen Träger“ zugeordnet. Es gab Kabaretts in Betrieben, staatlichen Institutionen, Hochschulen, Genossenschaften, bei der Volkspolizei und sogar in der Volksarmee. Die Ensembles wurden von diesen finanziert und künstlerisch wie politisch betreut.
Neben Auftritten in ihren jeweiligen Einrichtungen trafen sich die Gruppen zu zahlreichen überregionalen Leistungsvergleichen, organisiert vom Zentralhaus für Volkskunst und dem Gewerkschaftsbund FDGB. Diese Leistungsvergleiche boten den Amateur-Kabarettisten die Möglichkeit, ihre Fähigkeiten zu präsentieren und sich weiterzuentwickeln.
Ein aktiver Kern der Amateur-Kabarettisten fand sich nach dem Ende der DDR in der „Bundesvereinigung Kabarett e.V.“ zusammen. Im Rahmen dieses Vereins veranstalteten sie weiterhin jährliche Festivals und Weiterbildungsseminare. Ihnen ist es zu verdanken, dass große Teile des Archivbestandes des Zentralhauses für Volkskunst und des FDGB zum Amateur-Kabarett gesichert werden konnten.
Mitglieder der „Bundesvereinigung Kabarett e.V.“ ergänzten diesen Bestand durch Materialien aus ihren Ensembles und etablierten 1998 mit Unterstützung der Stadt Bernburg in Räumen des dortigen Rathauses ein eigenständiges ostdeutsches Kabarettarchiv. Dieses Archiv dient als wichtige Ressource zur Bewahrung und Erforschung der Geschichte des Amateur-Kabaretts in der DDR und trägt zur kulturellen Erinnerung bei.
Ein gemeinsames Archiv an zwei Standorten
Im Jahr 2000 gewährte der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Dr. Michael Naumann, dem Deutschen Kabarettarchiv in Mainz erstmals eine Bundesförderung. In diesem Zusammenhang wurde der Gedanke geboren, die in Mainz vorhandenen Bestände zum Berufs-Kabarett der DDR mit den Beständen des in Bernburg befindlichen Archivs zum ostdeutschen Amateur-Kabarett zusammenzuführen.
Nach langwierigen Verhandlungen gelang es, den Vorstand der „Bundesvereinigung Kabarett e.V.“ für eine gemeinsame Archivzukunft an zwei Standorten unter einem organisatorischen Dach zu gewinnen. Infolgedessen übertrug die Vereinigung ihr Sammlungsgut der Stadt Bernburg, die am 12. September 2002 der Stiftung in Mainz als Mitglied beitrat und das Material des dort vorhandenen Archivs als „Bernburger Sammlung“ einbrachte. Gleichzeitig wurde der in Mainz vorhandene DDR-Kabarettbestand nach Bernburg verlagert und in die Sammlung integriert.
Der Bund erhöhte seine Förderung, so dass die im Bernburger Schloss vorgesehenen Räume saniert werden konnten. Mit den vorhandenen Mitteln konnte ebenfalls die Stelle eines „Projektbeauftragten DDR-Kabarett“ eingerichtet werden. Gleichzeitig stellte die Stadt Bernburg einen Mitarbeiter des Stadtarchivs in Teilzeit zur Verfügung.
So bekam das Archivmaterial des DDR-Kabaretts als „Bernburger Sammlung“ in einer eigenständigen, repräsentativen Dependance eine lebensfähige Chance. Diese Entwicklung sicherte nicht nur die Bewahrung des kulturellen Erbes, sondern schuf auch eine Plattform für die weitere Erforschung und Präsentation des DDR-Kabaretts an einem zentralen Ort.
Systematische Erweiterung und Aufarbeitung der „Bernburger Sammlung“
Im Jahr 2004 konnte mit Dr. Jürgen Klammer ein DDR-Kabarettexperte als Projektbeauftragter gewonnen werden. Klammer verfügte aus seiner Zeit als aktiver Kabarettist und Autor über enge Kontakte zur Kabarettszene in der DDR.
In den Folgejahren konnten in vertrauter Zusammenarbeit mit nahezu allen Berufskabaretts deren Archive aufgearbeitet und in großem Umfang Fotos, Plakate, Programmhefte, Texte, Notizen sowie Audio- und Videomaterial in das Bernburger Archiv überführt werden. In Verbindung mit Recherchen im Deutschen Rundfunkarchiv in Potsdam wurden Kopien wertvollen Filmmaterials des DDR-Fernsehens erworben.
Im Ergebnis von Recherchen im Archiv des Bundesbeauftragten für die Stasiunterlagen (BStU) entstand ein umfangreicher Bestand zum Thema „Stasi und Kabarett“. Dieser Bestand bietet tiefe Einblicke in die Überwachung und Kontrolle der Kabarettszene durch die Stasi.
In den Folgejahren wurden dem Bernburger Archiv zahlreiche Vor- und Nachlässe bedeutender DDR-Kabarettisten übergeben und dort systematisch aufgearbeitet. Nahezu alle Dokumente der „Bernburger Sammlung“, dem Archiv des DDR-Kabaretts, sind digitalisiert und stehen auf Anfrage den Nutzern zur Verfügung.
Gemeinsam mit Alt-Kabarettisten aus Ost- und West sowie jungen Nachwuchssatirikern vermittelten Mitarbeiter des Archivs im Standort Bernburg sowie in Berlin, Leipzig und Dresden in einer Vielzahl von Veranstaltungen einem interessierten Publikum Kabarettgeschichte(n) aus der DDR.
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