Kabarett + Malerei

Ausstellung in Mainz bis 27.01.2023
Eintritt: Erwachsene 4€ | Ermäßigt 2€ | Kinder bis 8 Jahre frei
Kombiticket auch für die Ausstellung: Die Stachelschweine
Öffnungszeiten: Mo-Do 9–17 Uhr | Fr 9–14.30 Uhr
Jeden 2. Donnerstag im Monat 9–21 Uhr. Die nächsten Termine: 8.12. || 12.1. | 9.3. | 13.4. | 11.5. | 15.6. | 13.7. | 10.8. | 14.9. | 12.10. | 9.11. | 14.12. 2023
Jeden 2. Sonntag im Monat 11–17 Uhr. Die nächsten Termine: 11.12. || 8.1. | 12.3. | 16.4. | 14.5. | 11.6. | 9.7. | 13.8. | 10.9. | 8.10. | 12.11. | 10.12.2023
Die Kabarett-Bar ist geöffnet!
Kabarett + Malerei. Die Doppelbegabten.
Das Archiv ist seit seiner Gründung am 25.10.1961 stets im Fluss. Zeigt sich noch vielseitiger, noch moderner. Und die kostbaren Schätze, die es bewahrt und hervorspült, sind wundervoll und sehenswert. Seine „Klienten“ erst recht! Die Kabarettist:innen, Sänger:innen, Autor:innen. Da steckt gelebtes Leben hinter jedem Buch, in jedem Text und jeder Note. Und immer wieder tritt Erstaunliches zutage, wenn man sich mit den Künstler:innen näher befasst: Sie haben so viele Facetten! Nicht nur das „Rampenlichtgesicht“.
In unserem Museum zeigen wir Ihnen sechs Künstler:innen, die eine wunderbare Doppelbegabung haben. Sie mach(t)en im Kabarett Karriere und sie mal(t)en professionell. Nur ist diese wunderbare Doppelbegabung wenig bekannt. In der Ausstellung ist zu erfahren, dass der menschenfreundliche und sympathische Kultkomiker des Schweizer Kabaretts, Emil Steinberger, einmal Grafik in der Schule für Gestaltung in Luzern studierte und ein eigenes Atelier hatte. Dass Kabarettistin Sia Korthaus schon seit 25 Jahren erfolgreich auf der Bühne steht, aber genauso das Spiel an der Staffelei mit Form und Farbe beherrscht. Und dass Texter Fritz Graßhoff (†), sein Nachlass befindet sich im Deutschen Kabarettarchiv, ein ausgesprochen vielseitiger Künstler war: Humor, Satire und Gesellschaftskritik ziehen sich durch seine Malerei und das literarische Werk.
Matthias Egersdörfer, Dirk Langer (Nagelritz) und Kristin Bauer-Horn † machten Platz für diese drei neuen Künstler.
Bewundern Sie dazu noch die Original Bilder des Seemanns, Malers und Kabarettisten Joachim Ringelnatz (†), die bunten Fische von Kabarettistin und Autorin Helene Bockhorst oder die Zeichnungen von “Draußen vor der Tür”- Autor Wolfgang Borchert (†). Entdecken Sie bei Ihrem Besuch die Bilder, Fotos, Texte, Film- und Hörbeispiele und lesen Sie jede Menge spannende Informationen zu unseren wunderbaren Künstler:innen.
Lassen Sie sich von der Ausstellung und den begleitenden Veranstaltungen faszinieren und gut unterhalten. Denn “Jedermann wird gebeten, recht zahlreich zu erscheinen”.*
*Ringelnatz, 1909, Zitat aus Werbekarte für sein Tabackhaus “Zum Hausdichter” in München.
Fotos © Kulturhistorisches Museum Wurzen
Joachim Ringelnatz (*7. August 1883 in Wurzen als Hans Gustav Bötticher; † 17. November 1934 in Berlin) war Schriftsteller und Kabarettist, der vor allem für die humoristischen Gedichte um die Kunstfigur Kuttel Daddeldu bekannt ist. Joachim Ringelnatz war aber auch Seemann. Seine zum Teil haarsträubenden Erlebnisse veröffentlichte er 1910/1911 im „Schiffsjungen-Tagebuch“. Später, mit dem Ausbruch des 1. Weltkrieges, meldete sich der abenteuersehnsüchtige 31jährige Bötticher sogar als Freiwilliger zur Kriegsmarine. Dass der mit seinen sarkastischen Versen in der Weimarer Republik bekannte Ringelnatz aber auch ein erfolgreicher Maler war, Freund von Otto Dix und George Grosz, weiß kaum jemand. Während die Gedichtbände bis heute verlegt werden, taucht der Name Ringelnatz im Kanon der Malerei so gut wie nicht auf. Dabei war das Malen und Zeichnen für ihn in den 1920er Jahren zum zweiten Standbein geworden. Wir lassen Ringelnatz lebendig werden und zeigen Original-Gemälde- und Buchausgaben, Zeichnungen, Fotos, Film- und Tonaufnahmen.
Das Deutsche Kabarettarchiv bedankt sich für die großartige Unterstützung zur Realisierung der Ringelnatz-Ausstellung bei seinen Kooperationspartnern, dem Ringelnatz-Museum Cuxhaven und dem Kulturhistorischen Museum Wurzen.
Emil Steinberger (* 6. Januar 1933 in Luzern) hat mit seiner Kult-Figur „Emil“ über Jahrzehnte die Herzen des Publikums erobert und gilt als wohl berühmtester Schweizer überhaupt.
Den Besuchern der Ausstellung wird ein schöner Einblick in Emil Steinbergers Lebenswerk gewährt. Und das spielte sich nicht nur auf der Bühne ab. So sieht man in der Ausstellung die skurrilen Bleistiftzeichnungen des gelernten Grafikers von Menschen am Fenster. Darunter sind auch ein paar Fotos aus der Zeit, als Emil sich in Luzern zum Grafiker ausbilden ließ. Und immer wieder Fotos, die ihn zeichnend und malend zeigen.
Viele Fotos zeigen ihn in seiner Bühnenrolle seiner langjährigen Karriere u.a. während der Circus-KNIE-Tournee oder bei Auftritten in den verschiedensten Theatern der Welt. Ein paar klassische Emil-Sketch-Filme dürfen natürlich auch nicht fehlen.
Das Deutsche Kabarettarchiv bedankt sich für die großartige Unterstützung zur Realisierung der Emil-Ausstellung bei Emil und Niccel Steinberger, Verlag Edition E.
Fotos © Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg Carl v. Ossietzky
Wolfgang Borchert (*20. Mai 1921 in Hamburg; † 20. November 1947 in Basel) schrieb schon in seiner Jugend zahlreiche Gedichte und gilt als einer der wichtigsten Autoren der Nachkriegsliteratur. Sein Heimkehrer-Drama „Draußen vor der Tür“ ist weltbekannt. Doch er wollte in seinem kurzen Leben eigentlich viel lieber als Schauspieler und Kabarettist arbeiten. Borchert besaß zudem auch noch eine außergewöhnliche Doppelbegabung: er zeichnete sehr gut. Mit nur 26 Jahren starb er an den Folgen einer Lebererkrankung, die er sich an der Front zugezogen hatte und nie geheilt werden konnte. Wir zeigen Gemälde und Zeichnungen (keine Originale), Fotos, Film- und Tonaufnahmen.
Helene Bockhorst, geboren in Hamburg, ist Autorin, Comedienne und Poetry-Slammerin mit Masterabschluss in Journalistik und Kommunikationswissenschaft. Oktober 2018 ging sie mit ihrem ersten abendfüllenden Soloprogramm „Die fabelhafte Welt der Therapie“ in Deutschland, Österreich und der Schweiz auf Tour und gewann den Hamburger Comedy Pokal – als erste Frau in der Geschichte des Pokals. Ihr Slam-Video „Unfreiwillige Jungfräulichkeit“ wurde zum viralen Hit auf Facebook und YouTube mit über fünf Millionen Klicks. „Die beste Depression der Welt heißt Helenes Debüt-Roman, der dem sozialen Umgang mit psychischen Krankheiten mit Witz begegnet. Dieses Jahr startet ihr 2. Soloprogramm “Die Bekenntnisse der Hochstaplerin Helene Bockhorst”.
Warum Helene besonders gerne Fische malt und ob Fische auch unter Depressionen leiden können, verrät sie hier im Deutschen Kabarettarchiv.
„Loorens, wat dat Mädsche op de Böhn mäht!“*
Sia Korthaus aus Gevelsberg (Nordrhein-Westfalen), ist Kabarettistin, Sängerin und Schauspielerin. Mittlerweile geht Sia nach 3 Duos und 8 Soloprogrammen in Deutschland in die 9. Runde. Macht summasumarum 25 Jahre Solokabarett. Da zeigt sie sich komisch, bisweilen nachdenklich, berührend und bissig. Sie kann Soul, sie kann Chanson. Was man nicht weiß: Sia reist gerne, liebt Kreuzfahrten, den Wind, die Sonne und das Meer. Und was man auch nicht unbedingt von ihr weiß: Sia wollte schon immer Malerin werden. Sie mag es bunt. Ihre Bilder strahlen. Wir präsentieren hier eine kleine Auswahl mit unterschiedlichen Stilrichtungen und Materialien. Es sind Acryl-Malereien auf Leinwand und digitale Arbeiten auf Acrylglas dabei.
*Tenor volle Anerkennung, übersetzt: “Wenn Sie doch bitte schauen möchten, was diese junge Dame so alles kann!”
Bullaugenblicke — Gemaltes Seemannsgarn von Kabarettist Dirk Langer alias Nagelritz, der musizierende Seefahrer. Der Seemann Nagelritz ist seit vielen Jahren auf den Kabarett- und Kleinkunstbühnen unterwegs. Dort erzählt er von seinen skurrilen Reisen und Begegnungen. Ein Bestandteil sind stets dabei seine Bilder, mit denen er seine Geschichten unterstreicht. Nun zeigt er seine Malerei in einer Ausstellung. Sein Blick auf die Dinge ist verspielt, humorvoll, absurd und umkreist seine maritime Kunstwelt, wie Möwen den Fischkutter beim Einholen der Netze.
Dirk Langer, 1970 in Gelsenkirchen geboren, studierte am Figurentheaterkolleg in Bochum und in Bremen Kunstpädagogik und Germanistik; in London Pantomime.
Fritz Graßhoff (* 9. Dezember 1913 in Quedlinburg; † 9. Februar 1997 in Hudson, Kanada). An satirischer Angriffslust hat es dem Dichter, Zeichner, Maler und Songtexter Graßhoff nie gefehlt. Mit derben Balladen, Chansons, „Barackenversen“ und „Pläsanterien“, die er in seiner immer wieder erweiterten Zeitschrift Halunkenpostille (erstmals 1947) zusammenstellte, wurde er in den 1950er Jahren populär. Er schrieb über Huren und Zuhälter, Matrosen und Schieber, Gauner und Beutelschneider, Schlimme und Arglose – all Jene, die im Schatten des Wohlstandes lebten und nichts hatten als Herz und Schnauze. Der Songschreiber für Freddy Ouinn und Lale Andersen (viele seiner Lieder wie z.B: „Nimm mich mit Kapitän auf die Reise“ wurden langlebige Schlager), verfasste aber auch ästhetisch ambitionierte Epigramme und Miniaturen.
Graßhoff war gelernter Kirchenmaler und arbeitete als Pressezeichner im Zweiten Weltkrieg. Aus dieser Zeit stammen sehr realistische Zeichnungen des Soldatenalltags, aber auch sehr lyrische Bilder der russischen Landschaft und der in ihr lebenden Menschen. Seine Bilder waren in zahlreichen Ausstellungen in Deutschland, Schweden und in Kanada zu sehen. Museen, Institutionen, Städte und Privatsammler wie Kunsthalle Hamburg, Lehmbruck-Museum Duisburg, Kestner-Gesellschaft Hannover haben Werke von ihm erworben. Auch das Deutsche Kabarettarchiv besitzt Texte, einige Zeichnungen und Fotos aus seinem künstlerischen Nachlass.
Der „Ungläubige Thomas“, eines der berühmtesten
Gemälde von Caravaggio. Hier à la Egersdörfer.
Matthias Egersdörfer (*28. Dez. 1969 in Nürnberg) ist Kabarettist, Autor, Musiker und Schauspieler. Im Franken-“Tatort” spielt er den Leiter der Spurensicherung, Michael Schatz, mit für fränkische Verhältnisse erträglicher Laune. Auf der Bühne aber ist und bleibt der mehrfach ausgezeichnete Kabarettist Egersdörfer der wütende Misanthrop mit unverkennbarem Hang zur Cholerik. Der Weg zu seinen Erfolgen hat viele Stationen. Zunächst studierte Egersdörfer Germanistik mit Nebenfach Theaterwissenschaft und Philosophie fast zu Ende. Dann schloss er eine Ausbildung zum Medienberater ab, um sich dann endlich dem zu widmen, was er eigentlich wirklich immer hatte studieren wollen: die Malerei. Mit großem Eifer, Ernst und Respekt absolviert er auf „seine alten Tage“ ein Studium an der Akademie der bildenden Künste in Nürnberg als Meisterschüler bei Peter Angermann. Um danach als freier Künstler kabarettistisch und musikalisch mit den verschiedensten Projekten bundesweit aufzutreten. Wir zeigen Original-Gemälde, Zeichnungen, Fotos, Film- und Tonaufnahmen.
Kristin Bauer — Horn (*16.12.1936 in Sömmerda — † 07.08.2014 in Freudenstadt). Die in Thüringen geborene Künstlerin gehörte zu den nur wenigen Frauen, die damals öffentlich auftraten, u.a. bei den Open Air-Festivals auf der Burg Waldeck 1964 ‑1969. Die ‘Chanson-Poetin’ verstand sich zwar als politische Liedermacherin, aber sie widersetzte sich dem Trend, “so links wie möglich zu sein, und auch, sich in einen bestimmten Sound einzufügen”. 1982 vergab das Unterhaus in Mainz in der Sparte ‘Chanson’ seinen Deutschen Kleinkunstpreis an Kristin Bauer-Horn, “die unverwechselbare zeitkritische und poetische Lieder schreibt, komponiert und interpretiert, die, von der Öffentlichkeit fast unbemerkt, für dieses Genre Maßstäbe gesetzt hat”. Mit 15 Jahren – mit einer Sondererlaubnis als jüngste deutsche Vollstudierende – widmete Kristin Bauer-Horn sich u. a. bei Professor Willi Baumeister (*1889-†1955) an der Kunstakademie Stuttgart der Malerei. Wir bewahren ihren Nachlass hier im Kabarettarchiv und zeigen daraus nun ein paar Original-Gemälde und Fotos und lassen ihre Lieder erklingen.