Das Tourbüchlein der Grete Deditsch

Zwischen 1930 und 1950, da war sie ganz oben. Da lagen ihr die Verehrer bzw. deren Blumensträuße zu Füßen. Grete Deditsch, Vortragskünstlerin und Chansonsängerin, wurde am 16.10.1909 in Wien geboren. Ihr Talent wurde als Tochter eines Musiklehrers, der sie auch im Gesang unterrichtet hatte, schon in jungen Jahren entdeckt und der Erfolg stellte sich schnell ein. Trotzdem entwarf sie als gelernte Modistin weiter Damenmode und betrieb von 1926 bis 1930 einen Hutsalon. Erst Ende der 1920er Jahre ging es dann mit dem Komponisten und Pianisten Béla Laczki von den Bühnen der Kabaretts Pavillion oder Simpl in Wien auf Tournee in die Balkanländer. Ihre bekanntesten Lieder waren „Mach Dir um mich keine Sorgen“ und „Geh mach dein Fenster auf“.
Grete Deditsch reiste mit den berühmtesten Kapellen ihrer Zeit, stand aber auch mit einem Soloprogramm „Wien einst und jetzt“ auf der Bühne. Als Botschafterin des Wiener Charmes und Liedes mit der ihr eigenen Ironie war sie in der Truppenbetreuung, hatte Aufritte u.a. in Paris und an der russischen Front.
Ein kleines, bezauberndes Tourtagebüchlein von 1931 (Eintragungen bis 1935) ist in unseren Händen. Denn Grete Deditsch liebte es, wenn ihr die Bühnenkolleg*innen dort etwas Schönes hineinschrieben, ein Foto oder eine Autogrammkarte von sich hinterlegten oder ihr eine Postkarte, mit Grüßen versehen, zuschickten.
Nach dem 2. Weltkrieg erging es Grete Deditsch jedoch nicht viel besser als den meisten Menschen. 1942 fiel ihr Mann, Existenzsorgen plagten sie und die Angst um ihre drei Kinder. Als Chansonsängerin geriet sie ab den 195oer Jahren in Vergessenheit. Da eröffnete sie kurzentschlossen in ihrer Wahlheimat Oberammergau eine Buchhandlung, die sie zwanzig Jahre lang führte und in den 1970ern in Memmingen das „Maria-Theresia-Stüberl“, kochte Schmankerl und servierte selbst den Heurigen oder „a Tasserl Kaffee“. Am 17. September 1990 starb Grete Deditsch in Freilassing.
Grete Deditsch‘ Nachlass, der uns von ihrer Tochter Marissa übergeben worden war, umfasst sieben Ordner mit Presseberichten, Verträgen, Briefen, Fotos, Programmheften, Noten. Hinzu kommen noch einige Plakate, diverse ‚Ehrenschärpen‘ und drei selbstgenähte Bühnenkleider. Tonaufnahmen haben sich leider nicht erhalten bzw. befinden sich keine in unserem Archiv.